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Mythen der Südsee - Künstlicher Kosmos

 
Mythen der Südsee - Künstlicher Kosmos

Wo sich Wasser und Himmel berühren, und Land nur eine flüchtige Erscheinung ist, leben die Kapinga. Ihr winziges Atoll Kapingamarangi, knapp nördlich des Äquators gelegen, ist eine polynesische Enklave in Mikronesien. Die Vorfahren der Kapinga segelten, anders als alle anderen polynesischen Entdecker, einst nach Westen statt nach Osten. Bis heute weiß niemand genau warum. Aber nicht nur ihre Herkunft ist ein Rätsel, sondern auch Touhou, die Insel, auf der die meisten Kapinga leben.Wo heute Touhou liegt, war vor Ankunft der Polynesier nichts als Ozean.
  
Mauern aus Korallenblöcken schützen das kleine Stück Land vor den Fluten. Der alte Ersin weiß noch zu berichten, dass es der Held Utamatu'a war, der die Insel vor langer Zeit geschaffen hatte. 
Hilfreiche Geister sollen ihm dabei zur Seite gestanden haben. Archäologische Forschungen belegen den wahren Kern des Mythos: Touhou ist eine künstliche Insel.Von Menschen erschaffen, über Jahrhunderte hinweg ausgebaut und vergrößert. Das ganze Jahr über sind die Kapinga damit beschäftigt, schadhaft gewordene Mauern auszubessern oder neue zu bauen. Ende November jedoch stehen die Vorbereitungen für Thanksgiving im Zentrum aller Aktivitäten. Während der Bürgermeister Swingly Judas mit seinem Motorboot zum Fischen weit aufs Meer hinausfährt, kümmern sich seine Frau und die Töchter um die Zubereitung der übrigen Speisen. "Wenn es ein Fest gibt", so sagt Swingly, "müssen wir reichlich zu essen machen. Es ist, um gut zu feiern". Schließlich weiß man nie, ob es auch morgen noch genug zu essen gibt. Das kleine Atoll ist den Naturgewalten bedingungslos ausgesetzt. Eine Sturmflut kann Schutzmauern zerstören und die Gärten verwüsten. Ausgerechnet am Festtag verschlechtert sich das Wetter...  


  Auch im gut 1000 Kilometer entfernten Pohnpei, Zentrum der östlichen Karolinen, stößt man auf künstliche Inseln: Die einstige Königsstadt Nan Madol besteht gleich aus 92 Inseln, die in einer Lagune von Menschenhand errichtet wurden. Ein ausgeklügeltes Kanalsystem verbindet die über viele Quadratkilometer verteilten Inseln.
   Fast 2000 Jahre lang diente die künstliche Stadtanlage Königen, Adeligen und Priestern des Landes als Residenz. Nachdem ein Jahrhunderttaifun Anfang des 18.Jahrhunderts ganz Pohnpei verwüstete, musste Nan Madol aufgegeben werden. Die Bauten verfielen und Mangroven begannen, die Kanäle zu überwuchern. Heute lebt auf dem einst königlichen Land die Familie Silbanuz. "Es wäre wirklich ungehörig, wenn wir hier herumschreien oder -spielen würden," meint Johnny Silbanuz. "Wir kommen nur her, um zu fischen, um Kokospalmen oder Bananenstauden zu pflanzen." 
  Johnny wird einmal der Grundeigentümer des Landes sein, das 1909 seinem Ur-Großvater von der damaligen deutschen Kolonialregierung zugeteilt worden war. An das wechselvolle Los der verschiedenen Herrscherdynastien, die in Nan Madol gelebt hatten, erinnern heute noch Mythen und Legenden. So weiß Johnnys  Mutter Alenora zu berichten, wie einst Isohkelekel den Saudeleur besiegte und die Herrschaft der Nahnmwarkis, der bis heute bestehenden Königsdynastie, begründete. Doch auch Johnnys Ansprüche sind umstritten, da sowohl die Regierung Pohnpeis als auch der derzeit amtierende Nahnmwarki die Königsstadt Nan Madol als ihr kulturelles Erbe betrachten.

 

 

Festivals:
2008 - Festival International du Film Documentaire Oceanien (FIFO), Tahiti (www.fifo-tahiti.com)
2005 - Ethnofilmfest Berlin (www.ethnofilmfest.de)

 

Film herunterladen: www.onlinefilm.org/-/film/39962

 


 

  • D 2005, 43 Min. (Kapingamarangi & Pohnpei, FSM)
  • Buch: Thorolf Lipp, Martina Kleinert
  • Regie & Kamera: Thorolf Lipp
  • Bayerisches Fernsehen (EA 2005)